Wiesbaden. Zu hohe Erwartungen an den Beruf machen unzufrieden, warnen Experten.

Das Hobby zum Beruf machen, für den Job brennen, sich bei der Arbeit selbst verwirklichen – das erhoffen sich viele. Das sind zweifelsohne hohe Ansprüche, doch nicht selten bleibt die Wirklichkeit hinter den Erwartungen zurück. Was folgt, ist oft Unzufriedenheit und Frustration. Mitunter geht die Suche nach dem Beruf als Berufung von vorne los. Aber muss das sein – mit Leidenschaft arbeiten, für den Job brennen? Experten sind sich recht einig: nein. Es gibt natürlich ein Aber.

Für den Job brennen – das ist eigentlich etwas, das als erstrebenswert gilt. Aber der Schein trügt: „Brennen, das hat etwas Unkontrollierbares“, sagt die Karriereberaterin Ute Bölke aus Wiesbaden. Und Bernd Slaghuis, Karrierecoach aus Köln, ergänzt: „Da ist auch die Gefahr groß, auszubrennen – Stichwort Burn-out.“

Beim Arbeiten in einen Flow kommen, mal Überstunden machen – das sei alles kein Problem. Außerdem sei Leidenschaft auch für die Motivation wichtig. Wer aber vor lauter Leidenschaft für den Job zum Beispiel den Partner, Freunde oder die Familie vernachlässigt, werde das über kurz oder lang wahrscheinlich als Belastung erleben, sagt Slaghuis.

Überhaupt: „Manche können von ihrer Arbeit kaum leben, bei vielen Jobs ist man nur ein kleines Rädchen im Getriebe. Muss man dafür brennen? Nein“, sagt Bölke. Leidenschaft im Job sei ein Luxus, der nicht allen vorbehalten ist oder auch nicht angestrebt wird.

Ähnlich sieht es Volker Kitz, Autor des Buches „Feierabend! Warum man für seinen Job nicht brennen muss“. „Arbeit ist zu einem Lifestyle-Objekt geworden“, kritisiert er. Es werde suggeriert, dass der Job einen erfüllen muss, man seine Arbeit toll finden muss, dass man für seinen Beruf brennen muss. Die Realität sehe aber anders aus: Die breite Masse, und die werde laut Kitz nicht wahrgenommen, mache ihren Job gut und sei zufrieden. Eigentlich. Denn: „Die bekommen ständig vermittelt, dass das nicht reicht und sie zusätzlich noch für den Job brennen müssten“, sagt Kitz. „Das macht sie unzufrieden und unglücklich.“

Statt Leidenschaft sollte man sich eher Zufriedenheit zum Ziel nehmen, rät Slaghuis. Vielen Angestellten sei dieses nachhaltige Gefühl wichtiger als Hingabe oder Passion. „Es muss nicht himmelhoch jauchzend und Achterbahn sein.“ Dafür sollte man sich überlegen, was man von seinem Beruf erwartet. Wer als Kassierer Herausforderung und Abwechslung sucht, werde in seinem Job kaum zufrieden sein. Wer den Kontakt zu Menschen mag und Routine bevorzugt, schon eher.

Wenn man gerne zur Arbeit geht, man seine Fähigkeiten einsetzen kann und das Geld stimmt, sei das schon viel wert, sagt auch Bölke. Um das im Job zu finden, rät sie, sich zu überlegen, was einen antreibt – Geld, Unabhängigkeit oder die Vereinbarkeit von Job und Privatleben zum Beispiel. Wer sich im Klaren darüber ist, was er will, kann gezielter suchen und habe somit größere Chancen auf Zufriedenheit. dpa