Berlin. Can Dündar floh aus der Türkei nach Deutschland. Bei „Dunja Hayali“ zeigt sich der Journalist enttäuscht von der Bundesregierung.

Der Staatsfeind trägt Krawatte und Sakko. Mit seinem Vollbart, den ergrauten Haaren und der Brille mit den runden Gläsern sieht Can Dündar nicht unbedingt aus wie ein Spion – doch genau das wirft die türkische Justiz dem ehemaligen Chefredakteur der Tageszeitung „Cumhuriyet“ vor. Das Blatt hatte über heimliche Waffenlieferungen des türkischen Geheimdienstes an Islamisten in Syrien berichtet.

Die Regierung tobte – und die Justiz handelte. Presse- und Meinungsfreiheit? In der Türkei zählt das nicht viel. Und spätestens seitdem Präsident Erdogan nicht mehr davor zurückschreckt, deutsche Staatsbürger ins Gefängnis zu werfen, hat auch die Bundesregierung den Ton verschärft.

Can Dündar drohen jahrelange Haft in der Türkei

In der vierten Ausgabe ihres

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am Mittwochabend das Land am Bosporus in den Mittelpunkt – und natürlich durfte Can Dündar, der Rebell, der seit über einem Jahr in Berlin lebt, nicht fehlen. In der Türkei droht Dündar jahrelange Haft, der Journalist weiß, mit welcher Härte der Staat gegen Oppositionelle vorgeht. Und das nicht erst seit dem gescheiterten Putschversuch vor einem Jahr.

Martin Schulz ehrt Can Dündar

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    „Als wir gerufen haben, dass wir die Demokratie verlieren, hat uns niemand gehört“, sagte Dündar. Erst jetzt, mit der Verhaftung des deutschen Menschenrechtlers Peter Steudtner, habe die Bundesregierung reagiert.

    Vorwurf: Erdogan diktiert der Bundesregierung die Regeln

    Die ZDF-Moderatorin und Journalistin Dunja Hayali
    Die ZDF-Moderatorin und Journalistin Dunja Hayali © imago/Horst Galuschka | Horst Galuschka

    Der Journalist nutzte seinen Auftritt, um mit der Türkei-Politik der Großen-Koalition abzurechnen. „Es gibt keine klare Linie, die Spielregeln setzt Erdogan fest“, sagte er. Mal zeige er Härte, dann lasse er die Zügel wieder etwas lockerer, doch immer bestimmte der Präsident das Geschehen. Die AKP-Regierung ist für den Reporter ein „Regime“.

    Und Dündar ist nicht allein. Auch Hüseyin Tolu, Hayalis zweiter Gast, berichtete von der Willkür der türkischen Justiz. Tolus Schwester, eine Journalistin, sitzt in der Türkei in Haft – zusammen mit ihrem kleinen Sohn. Der Vorwurf: Terrorpropaganda. Auch ihm ist die Enttäuschung anzumerken. „Deutschlands Reaktion kommt Monate zu spät“, sagte er.

    Was heißt schon, die Regierung mache Druck auf Erdogan?

    Als einziger Politiker in der Runde hatte es der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann nicht leicht. Auf Hayalis Frage, was man für die gefangenen Deutschen tun könne, antwortete er so ausweichend wie nichtssagend, dass die Regierung Druck mache.

    Doch was heißt das schon? Unternehmen und Urlauber lassen sich in einer Demokratie nichts von der Regierung vorschreiben – anders als in der Türkei, die immer mehr in Richtung Diktatur abgleitet.

    Solidarität mit Oppositionellen in der Türkei

    Doch Can Dündar, der angebliche Staatsfeind, will sein Land nicht aufgeben. „Wir müssen gegen Erdogan kämpfen und dürfen nicht die türkische Bevölkerung bestrafen“, forderte er. Die Hälfte der Türken leiste trotz größter Repressionen Widerstand gegen die Diktatur. Ihnen gehöre die Solidarität des Westens. Noch hat Dündar die Hoffnung, dass er eines Tages wieder in die Türkei zurückkehren kann. Als freier Mann.