Bonn/Essen. Nach dem Überfall auf ein zeltendes Pärchen liegen Details aus der Tatnacht vor. Demnach glaubte die Polizistin wohl an einen Scherz.

Der Fall hatte bundesweit für Schlagzeilen gesorgt: Ein junges Paar zeltet in der Bonner Siegaue, nachts wird es überfallen. Der Täter vergewaltigt die junge Frau, bedroht ihren Freund. Jetzt hat die „Rheinische Post“ Details aus der Anklageschrift veröffentlicht.

Das Anrufprotokoll der Bonner Polizeinotrufzentrale offenbart demnach einen zumindest recht unsensiblen Umgang mit dem Studenten, der die Vergewaltigung seiner Freundin meldete. Offenbar hatte die Beamtin der Polizeileitstelle erst einen Scherz-Anruf vermutet.

Anrufer versicherte, er habe Todesangst

„Hallo, meine Freundin wird gerade vergewaltigt. Von einem Schwarzen“, zitiert die „Rheinische Post“ aus dem Protokoll. „Er hat eine Machete.“ Die Polizistin habe darauf geantwortet: „Sie wollen mich nicht verarschen, oder?“ Der Anrufer soll versichert haben, er hege Todesängste und befürchte, dass der Angreifer seine Freundin gleich umbringen werde. Die Polizistin haben dann seinen Namen aufgenommen und versprochen, Kollegen zu schicken. Verabschiedet haben soll sie sich knapp mit „Danke, tschö!“

Die Bonner Polizei hat mittlerweile eingeräumt, dass die Polizistin unangemessen reagiert habe, berichtet die „Rheinische Post“ weiter.

Kurz nach der Tat hatte sich der junge Mann noch einmal telefonisch an die Polizei gewandt. Helfen konnte man ihm aber auch dieses Mal nicht. Die Beamtin in der Leitstelle habe ihn an die Polizei in Siegburg verwiesen. „Die können das richtig koordinieren“, lautete die Begründung.

31-Jähriger wegen Vergewaltigung angeklagt

Die Staatsanwaltschaft hat mittlerweile Anklage gegen den mutmaßlichen Täter erhoben. Dem 31-Jährigen werden Vergewaltigung in einem besonders schweren Fall sowie schwere räuberische Erpressung vorgeworfen. Der Mann aus Ghana soll die 23-Jährige und ihren Freund in der Nacht zum 2. April in der Bonner Siegaue überfallen und mit einer Astsäge bedroht haben. Dann soll er die Studentin vor dem Zelt vergewaltigt haben. Der Fall hatte auch überregional für Entsetzen gesorgt.

Die Bonner Siegauen: Dort hatte sich das Pärchen aus Baden-Württemberg einen Platz zum Zelten gesucht.
Die Bonner Siegauen: Dort hatte sich das Pärchen aus Baden-Württemberg einen Platz zum Zelten gesucht. © dpa | Volker Lannert

Laut Anklage schlitzte der Mann das Zelt, in dem das aus Baden-Württemberg stammende Paar schlief, mit der Astsäge auf. Er soll den jungen Leuten sechs Euro und eine Lautsprecherbox abgenommen und dann die 23-Jährige nach draußen gezwungen haben. Während der Vergewaltigung soll er sie weiterhin mit der Säge bedroht haben, so dass ihr 26 Jahre alter Freund sich nicht traute, einzuschreiten, ohne seine Freundin in Gefahr zu bringen.

Spaziergänger hatten den Verdächtigen erkannt

Der 31-Jährige wurde fünf Tage später festgenommen und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Spaziergänger hatten ihn anhand eines Phantombildes erkannt und die Polizei alarmiert. Er bestreitet die Tat.

Die Anklage stützt sich nach Angaben des Gerichtssprechers vor allem auf DNA-Spuren. Außerdem trug der Mann bei seiner Festnahme die gestohlene Lautsprecherbox und einen Rucksack bei sich. Dieser war vor dem Überfall ebenso wie die Astsäge den Teilnehmern einer Grillparty in der Nähe gestohlen worden. Die Säge fand die Polizei später unweit des Tatorts.

Mutmaßlicher Täter sollte abgeschoben werden

Der Angeklagte, der im Februar aus Italien nach Deutschland eingereist war, sollte abgeschoben werden und war zuletzt in der Zentralen Flüchtlingsunterkunft Sankt Augustin untergebracht. Der Asylantrag des Mannes war nach Angaben der Bezirksregierung wenige Tage vor der Tat abgelehnt worden. Dagegen habe er direkt am nächsten Tag geklagt. Das Verfahren sei daher noch anhängig gewesen.

Der Prozess vor der 10. Großen Strafkammer des Bonner Landgerichts soll frühestens Ende September beginnen. (red/dpa)

Dieser Artikel ist zuerst auf waz.de erschienen.