Goslar. 1500 Feuerwehrleute sind im Einsatz. Der Nah- und Bahnverkehr ist lahmgelegt. Alles zum Hochwasser auf Antworten, Niedersachsen und im Lokalteil.

Goslar. Starkregen und Hochwasser haben Ortschaften und Straßen im Landkreis Goslar geflutet und halten Tausende von Helfern in Atem. Es sind unglaubliche Szenen, die sich gestern dort abspielten. In Goslar trat die Abzucht über die Ufer und setzte große Teile der Altstadt unter Wasser. Das hat es am Harz seit Jahrzehnten nicht gegeben.

Gestern Mittag rief die Kreisverwaltung den Katastrophenalarm aus. Ein Altenheim und ein Hotel in Goslar mussten evakuiert werden. In Bad Harzburg waren alle Hauptverkehrswege blockiert, der Bahnhof gesperrt. Bad Harzburgs Bürgermeister Ralf Abrahms sagte in seinem Büro: „Hier ist zum Teil Land unter.“

Besonders dramatisch ist die Lage in Seesen. „Wir sind abgeschnitten“, berichtet Klaus Gropengießer aus dem Ortsteil Bornhausen, am Telefon. Das Wasser stehe 1,30 Meter hoch in seinem Keller. Eine Tauchpumpe habe man nicht einsetzen können, weil der Strom ausgefallen war. „Die Feuerwehr fing schon heute Nacht an, Sandsäcke zu stapeln, um unser Stromhäuschen zu sichern. Heute Mittag waren die Säcke dann weggespült – und irgendwann auch das Stromhäuschen.“

Wie hart es diese Gegend getroffen hat, können Meteorologen belegen. Laut Deutschem Wetterdienst wurden in Seesen in 48 Stunden 161 Millimeter Niederschlag gemessen. In einem „normalen“ Juli sind es 100 Millimeter – in dem gesamten Monat.

Sogar um Leben und Tod geht es im Ostharz. In Wernigerode, Sachsen-Anhalt, ist während des Dauerregens eine 69-Jährige in der Nähe eines Flusses verschwunden. Die Frau wohnt an der Holtemme, sagte ein Polizeisprecher. Die Befürchtung: Sie könnte in den zum reißenden Strom gewordenen Fluss gefallen sein. Bis zum Mittwochabend fehlte von ihr jede Spur.

In Südniedersachsen legte das Hochwasser den Bahnverkehr teilweise lahm. Der Grund: Gleisunterspülung. Die Strecke von Braunschweig nach Bad Harzburg wurde ab Wolfenbüttel gesperrt. Im Kreis Wolfenbüttel wurden viele Straßen überflutet, einige mussten gesperrt werden. In Schladen stieg der Okerpegel auf einen historischen Höchststand von 3,59 Metern. Aber die Hochwasserschutzmauer hielt. Überhaupt sind – in verschiedenen Ausmaßen – fast alle Teile unserer Region betroffen. In Schladen wurde ein Kindergarten evakuiert. In den Kreisen Wolfenbüttel, Helmstedt und Gifhorn sind wichtige Straßen nicht passierbar. In Baddeckenstedt bei Salzgitter steht die Sparkassen-Filiale unter Wasser. In Wolfsburg und Braunschweig verzeichnete die Feuerwehr Dutzende von Einsätzen. Und das meiste Wasser aus dem Harz wird in Braunschweig heute erwartet, dann werden Oker, Schunter und Mittelriede Höchststand erreichen.

Manch ein Betroffener wird auf den Kosten des Ausnahme-Hochwassers sitzen bleiben. Sebastian Heise, Öffentliche Versicherung: „Im Gegensatz zu Sturmschäden ist bei Hochwasserschäden eine zusätzliche Elementarschadenversicherung nötig. Damit diese auch greift, muss sie bereits vorher abgeschlossen worden sein. “

Landesumweltminister Stefan Wenzel (Grüne) unterbrach seinen Urlaub und machte sich in Bad Harzburg ein Bild von der Lage. Man sehe „wohl erst die Vorboten“ von möglicherweise deutlich heftigeren Ereignissen, sagte Wenzel unserer Zeitung mit Blick auf den Klimawandel.